Radwende zweifelt an Umsetzbarkeit der Veloroute 1 – Radverkehrskonzept der Stadt benötigt Update

Der vorgeschlagene Planungsentwurf der städtischen Verwaltung zur Veloroute 1, die die Innenstadt mit Riemke verbindet, zeigt die erwartbaren Probleme. Auf diese hatte Radwende bereits vor der Verabschiedung des Radverkehrskonzeptes hingewiesen. Die Radwende hat die Route Anfang Februar befahren und kaum lösbare Probleme entdeckt, die den vorgegebenen Qualitätskriterien an Velorouten genügen.

Im Radverkehrskonzept waren Kriterien an Breite, Sicherheit, Bevorrechtigung und Geschwindigkeit (20-25 km/h als Durchschnittsgeschwindigkeit) festgelegt worden, um attraktive Routen zu ermöglichen. Auf der nun vorgeschlagenen Route werden viele dieser Kriterien nicht eingehalten. Es gibt viele Engstellen durch geteilte Rad-Fußwege, gefährliche Kreuzungen, erhebliche Steigungen von bis zu 9 % und Herausforderungen durch notwendig wegfallende Parkplätze. Zudem ist die Strecke gegenüber der Herner Straße unattraktiv, weil sie 40 % länger ist. (Zentrale Kriterien an Velorouten und konkrete Probleme der geplanten Route sind dieser Pressemitteilung angehängt).

Die Radwende begrüßt dennoch die Planung einer zusätzlichen Fahrradstrecke parallel zur Herner Straße. Aber statt viele Ressourcen für eine wenig attraktive Veloroute auszugeben, sollte die Strecke eher als Nebenroute für den Radverkehr gedacht werden, wofür mit geringem Aufwand Mängel beseitigt werden könnten.

Auch die geplante Veloroute über die Fußgängerzonen Große Beckstraße und den Husemannplatz entspricht nicht den Anforderungen an eine Veloroute. Dort wäre nur eine Maximalgeschwindigkeit von 5-6 km/h erlaubt. Die Radwende hält es daher für sinnvoller, sichere Radwege auf den Radialstraßen der zentralen Achsen des Radverkehrsnetzes zu erstellen. An diesen Straßen liegen fast alle zentralen Einrichtungen, die für Bürger:innen wichtig sind. Leider fehlen solche sicheren Radwege bisher auch an der Herner Straße zwischen Riemke und der Innenstadt. Konkret sollten an der Straße daher zeitnah Sicherheitstrennstreifen zu den parkenden Kfz erstellt werden.

die Große Beckstraße. Eine Fußgängerzone mit Markierungen und Hindernissen.
Radfahren nur in Schrittgeschwindigkeit erlaubt.

 

Zudem erhofft sich Radwende aufgrund der genannten Probleme bei der Planung von Velorouten eine zeitnahe Überarbeitung des Radverkehrskonzeptes. Darin muss ein durchgehender Netzzusammenhang geplant werden. Die enorme Überlastung des Tiefbauamtes, die zu erheblichen Verzögerungen bei vielen Maßnahmen von teilweise mehreren Jahren sorgt, erfordert eine Konzentration auf wichtige, bezahlbare und einfach umzusetzende Maßnahmen.

Konkrete Probleme der Veloroute 1
Der Umwegfaktor der Veloroute 1 gegenüber der Herner Straße ist 1,4 (3,7 km statt 2,6), die Route hat etwa dreimal so viele Höhenmeter wie die Herner Straße. Auf der Herner Straße kann man zwischen Widumestraße und Riemke Markt eine Reisegeschwindigkeit von rund 16 km/h erreichen. Die Veloroute müsste also deutlich schneller zu befahren sein, um die Anforderungen als Alternativstrecke zu erfüllen. Dies ist aber angesichts der weiteren Probleme völlig unrealistisch.
Von der Innenstadt kommend beginnt die Veloroute 1 dort, wo das Bochumer Radkreuz endet, an der Widumestraße. Zur Querung des Nordringes müssen eine Lichtsignalanlagen mit Vorrangschaltung für den Radverkehr errichtet werden. Die offiziellen Maßnahmen sind noch nicht im Detail klar. Eine der Planungsideen wäre ein beidseitiger Radweg auf dem äußeren Nordring, der den Radverkehr anschließend über den Europaplatz am Bergbaumuseum vorbei zur Wielandstraße führt.

An der Widumestraße in Blickrichtung Bergbaumuseum. Hier muss eine Lichtsignalanlage entstehen. Der Radverkehr muss einheitlich geführt werden.
Unterführung am Europaplatz. Hier muß nur asphaltiert werden und die die geparkten Fahrzeuge stören.

Hierbei muss nicht nur eine Neuasphaltierung erfolgen, auch das Parken an der Fahrbahn muss untersagt werden, und laut Planung sollen an den Außenflächen ca. 2/3 des Parkplatzes am Bergbaumuseum umgewidmet und dem Radverkehr zugesprochen werden. Dennoch befürchtet die Radwende Konflikte mit dem Autoverkehr, und vor allem der Fußverkehr wird nicht unerheblich gefährdet. Das Bergbaumuseum ist ein häufig stark frequentierter Ort. Die Wiese davor dient an warmen Tagen zahlreichen Menschen jeden Alters zur Erholung.

Ein Teil des Parkplatzes am Bergbaumuseum.
Vorplatz des Bergbaumuseum. Die Veloroute soll dort geführt werden, wo aktuell das Kunstwerk steht.

Bei der Wielandstraße gibt es nun zwei Varianten. Die eine führt zu einer Umwidmung zur Fahrradstraße mit allen hier notwendigen Maßnahmen, wie einem quasi Überholverbot und vor allem einem Wegfall von Parkmöglichkeiten an der Fahrbahn.
Die alternative Strecke würde neben der Fahrbahn verlaufen: Ein getrennter Geh- und Radweg, abseits vom Autoverkehr, oberhalb der Kleingartenanlage und der Schmechtingwiese.

Gehweg andere Wielandstraße. Radweg muss 4m Breit sein. Zusätzlich zu dem 2,5m breiten Gehweg.
Nordblick in die Wielandstraße. Bergbaumuseum im Rücken

Auf Höhe der Marthastraße erfolgt eine Einfädlung zurück auf die Fahrbahn der Wielandstraße über die Agnesstraße zur Lessingstraße.
Die Veloroute stößt hier auf zwei Lehrerparkplätze der Heinrich-Böll-Gesamtschule. Fehlende Gehwege an einer Schule und Kleingartenanlage sind ein schwerer zu lösendes Problem als die Entfernung des Belages, aktuell noch ein Kopfsteinpflaster.

Angesstraße Blickrichtung Herner Straße. Hier müssen die Parkplätze entfallen
Lessingstraße – Mangelnde Breite für eine Fahrradstraße und Gehweg

Die Fahrbahn der Lessingstraße hat hier eine Breite von 5,5 m. Im Verlauf entlang der Kleingärten wird die derzeit von Zufußgehenden und Radfahrenden genutzte Trasse noch schmaler. Benötigt werden 6,5 m plus (4 m, da Zweirichtungsradweg plus 2,5 m Fußweg). Ausreichend sichere Gehwege sind an Schulen Pflicht. Eine Unterschreitung der notwendigen Fläche Breite oder gar gemeinsame Führung Gemeindeführung mit dem Fahrradverkehr ist undenkbar (lt „Hinweise zu Radschnellverbindungen und Radvorrangrouten“ der FGSV [Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V.]: „in der Regel vom Fußverkehr getrennte Führung (Ausnahmen auf beschränkter Länge)“).
Passieren wir nun die Kleingartenanlage, gelangen wir zu der Unterführung der A40. 4,90 m zeigt unser Messgerät an. Zu wenig für eine Veloroute mit der strikten Trennung des Geh- und Radweges.

Einfahrt von den Lehrerparkplätze Richtung Vierhausstraße. Fahrbahndecke muss erneuert werden. Strikte Trennung vom Geh- und Radweg ist auch hier erforderlich. Fläche ist kaum geeignet für 6,5m notwendige Breite.
Auch im weiteren Verlauf, die KGA passierend, fehlt es an Breite. Neuasphaltierung ist Minimum.

An der Vierhausstraße wird eine Lichtsignalanlage montiert werden. Auch an dieser Stelle muss mit Vorrang geschaltet werden. Für den Radverkehr bedeutet das nur wenige Sekunden Wartezeit. Zu den Grummer-Teichen führt ein Weg entlang von Einfahrten zum Firmengelände, Garagenauffahrten und Privathäusern.

Einfahrt von der Vierhausstraße zu den Grummer Teichen. Zahlreiche Garagen und schlechte Fahrbandecke.

Reichlich problematisch ist der Verlauf an den Grummer Teichen. Bei dem Neubau des Radweges ist der Verlauf der Veloroute noch nicht bekannt gewesen und die erforderlichen Dimensionen nicht beachtet worden. Ein gerade mal 2,5 m breiter gemeinsamer Geh- und Radweg führt über eine Steigung zwischen 7 und 9 % zur Constantinstraße (lt „Hinweise zu Radschnellverbindungen und Radvorrangrouten“ der FGSV dürfen „Steigungen möglichst nur 3 %, nicht mehr als 6 %“ betragen).

Weg von den Grummer Teichen zur Constantinstraße. Ein Erholungsgebiet für zahlreiche Zu Fuß gehende. Aufgrund des schmalen Wegs sind Konflikte möglich.
Bis zu 8° Steigung von den Grummer Teichen zur Constantinstraße ist für Alltagsradfahrende eine Herausforderung.

Selber für ungeübte Radfahrende ist ein Zusammenhang mit einer 120°-Kurve mit sehr engen Radius eine Herausforderung. (lt „Hinweise zu Radschnellverbindungen und Radvorrangrouten“ der FGSV müssen „Kurvenradien 20 m (für 30 km/h) bei freier Trassierung (mind. 10 m), unter 15 m Kurvenverbreiterungen, ggf. bauliche Trennung“ betragen).

Veloroute1 – Auffahrt zur Constantinstraße von den Grummer Teichen

Die Constantinstraße ist eine Sackgasse mit zahlreichen Ein- und Zwei-Familienhäusern. Der Parkverkehr am Fahrbahnrand wird zurück auf Privatfläche verwiesen werden müssen. Die Gehwege weisen hier keine 1,5 m Breite auf. Die Fahrbahn selbst ist mit 5 m Breite ausreichend für eine Fahrradstaße.

Constantinstraße – Breite für eine Fahrradstraße nur ohne Parkplätze erlaubt. Breite des Gehweges ist nicht ausreichend.

Von der Constantinstraße über den Kreisverkehr an der Grummer Straße geht es weiter in die Neidenburger Straße zu einem 2–3 m breiten gemeinsamen Geh- und Radweg, der Anfang 2023 eine neue wassergebundene Decke erhielt. Dieser weist bereits nach einem Jahr die ersten Schäden auf. Ausreichend Breite für die Veloroute, getrennt vom Fußverkehr, ist auch hier nur möglich, wenn zusätzliche Fläche ausgewiesen wird.

Der Verlauf von der Neidenburgerstaße. Wassergebunde Decke auf abschüssigen Gelände. Mangelnde Breite für einen getrennten Geh- und Radweg
Zwischen KGA Osterbecke und Sportanlage Feenstraße. Schlechte Fahrbahndecke und eine Trennung von Rad und Fuß ist kaum umsetzbar.

Die Moritzstraße sollte im gesamten Verlauf nicht nur eine neue Wegdecke erhalten. Auch für den Parkverkehr müssen neue Flächen ausgewiesen werden. Ein Teil der Fahrzeuge parkt hier illegal auf Gehwegen. Ein Umstand, der bisher weder die Politik noch die Verkehrsüberwachung als störend empfand.

Constatintraße zeugt von einem hohen Parkstand auf.

Die Tippelsberger Straße muss bis zu der Straße Auf der Markscheide beidseitige Radwege erhalten. Der bisherige Parkstreifen beidseits der Fahrbahn sollte aufgrund der Dooringgefahr beseitigt werden.

Auf der Tippelsberger Straße fehlen Radfahrstreifen

Auf der Markscheide befindet sich eine Kita. Der Gehweg davor ist zwischen 1 und 1,5 Metern breit. Auf dieser Straße muss bis zum Riemker Markt ein absolutes Parkverbot durchgesetzt werden. Ein Umstand, der aus unserer Sicht auf Fahrradstraßen Pflicht sein sollte.

Auf der Markscheide – schmaler Gehweg links und rechts. Ausreichend Breite für Fahrradstraße ist nur ohne Fahrzeuge regelgerecht.

Kriterien an Velorouten im 2023 beschlossenen Radverkehrskonzept

Das Radverkehrskonzept der Stadt Bochum stellt hohe Anforderungen an Velorouten. 
zwei Radfahrende sollen entspannt nebeneinander fahren können, im besten Fall noch von einer 3.Person überholt werden können
– Fußgänger und Radverkehr werden strikt getrennt
– Radfahrende sollen Reisegeschwindigkeiten von 20-25 km/h erreichen können (auf Hauptrouten entlang der Radialen nur 16 km/h.)
– Velorouten müssen durchgehend asphaltiert sein, möglichst mit besonders glattem Asphalt
– Wartezeiten an Kreuzungen müssen minimiert werden